12. Juli 2021
Hinter den Kulissen

Koffein am Kohlmarkt

von Michael Freund
© Sammlung AD
Die Geschichte von Alfred Weiss und seinem Café und Kaffee (und Tee) Arabia

Als das Espresso-Café Arabia am Wiener Kohlmarkt 1999 schloss und einer Boutique weichen musste, wurde dies sowohl von Stammgästen wie von Architekturkennern bedauert. Nicht nur war das Kaffeehaus ein beliebter Treffpunkt im Zentrum der Stadt, es zählte auch zu den bedeutenden Entwürfen des Architekten Oswald Haerdtl, der hier Anfang der 1950er Jahre eine Art Gesamtkunstwerk realisierte – eine Ikone der neuen, schnellen Espresso-Kultur. Dem Café und dem Leben seines Gründers, des Unternehmers Alfred Weiss (1890-1973), widmet das Jüdische Museum Wien eine Ausstellung; die Eröffnung ist für Juni 2022 geplant.
 
„Arabia“ hieß bereits die Kaffee- und Teeimportfirma, die Weiss nach dem Ersten Weltkrieg von seinem Vater übernahm und erfolgreich weiterführte – der bekannte Grafiker Joseph Binder („Meinl-Mohr“) zeichnete für ihn das Firmenlogo mit großem „A“. 1938 wurde der Betrieb „arisiert“, Weiss und seine Familie mussten fliehen, die Töchter überlebten in England, er und seine Frau nach Irrfahrten durch Europa in Rom. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten sie nach Wien zurück, aus Italien brachte er mit, was er aufblühen sah: die neue Technik der Espressokaffeezubereitung und damit auch eine neue Konsumkultur. Damit zählte er zu den Pionieren, die diese Kultur in Österreich etablierten.
 
Die Importfirma konnte er wieder übernehmen – der Name Arabia wurde in den Nachkriegsjahrzehnten zu einer der großen Kaffeemarken. Weiss beauftragte Haerdtl auch mit Entwürfen für Messestände und Filialen, er machte das Palais Auersperg – ebenfalls nach Entwürfen des Architekten – in den 60er und 70er Jahren zur Firmenzentrale, kurz: er war bis zum Schluss unermüdlich tätig. Sichtbares Zentrum seines Schaffens waren und blieben das Café und der Kaffee Arabia. Dieser sowohl biografisch wie kulturell spannenden Geschichte wird die Ausstellung nachgehen.


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© Sammlung AD
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