16. Januar 2023
Aktuelles

Auf keinem Auge blind. Karl Pfeifer (1928-2023)

von Gabriele Kohlbauer-Fritz
© JMW
Karl Pfeifer (rechts) und Theodor Much bei einer Buchpräsentation im Jüdischen Museum Wien, 1999.

Der Wiener Journalist und Zeitzeuge Karl Pfeifer ist am 6. Jänner 2023 im 95 Lebensjahr verstorben. Seine Autorität als unbestechlicher Kämpfer gegen Totalitarismus und Antisemitismus ist unumstritten, hat ihm aber auch zahlreiche Feinde gemacht. 1928 in Baden bei Wien geboren, flüchtete er mit seinen Eltern nach derm „Anschluss“ 1938 nach Ungarn. Dort wurde er Mitglied der sozialistisch-zionistischen Jugendorganisation Haschomer Hazair, die seinen weiteren Werdegang entscheidend prägte. So folgte er 1943 seinem älteren Bruder nach Palästina, wo er im Kibbutz lebte und 1948 im israelischen Unabhängigkeitskrieg kämpfte. 1951 kehrte er nach Österreich zurück, wo an vielen Schaltstellen des öffentlichen Lebens noch „alte Nazis“ saßen. „Ich war laut österreichischem Gesetz kein Heimkehrer, denn ich hatte weder in der Wehrmacht noch in der Waffen-SS gedient“, stellte Karl Pfeifer lakonisch fest, als er im Jahr 2018 – viel zu spät – das Goldene Verdienstkreuz der Republik Österreich erhielt.

Nach schwierigen Anfangsjahren, in denen er in unterschiedlichen Berufen arbeitete, startete Karl Pfeifer seine Karriere als Journalist. Er avanicerte lange Jahre zum Herausgeber und Redakteur der Gemeinde, der offiziellen Zeitschrift der Israelitischen Kultusgemeinde und arbeitete für den israelischen Rundfunk sowie verschiedene österreichische und internationale Zeitschriften. Immer wieder berichtete er auch aus Ungarn, sowohl während der kommunistischen Diktatur, als auch nach der „Wende“ 1989. Hierbei warnte er frühzeitig vor antidemokratischen Entwicklungen. Er trat gegen Menschenrechtsverletzungen auf, nicht nur, wenn sie gegen Juden sondern auch wenn sie gegen andere Minderheiten gerichtet waren, wie gegen Sinti und Roma in Ungarn.

Bis zuletzt kämpfte Karl Pfeifer in seinen Artikeln gegen den Antisemitismus, der sich heute oft auch hinter Israel-Kritik versteckt. Wenn er für wichtig hielt, so schreckte er auch nicht davor zurück, sich auf wilde Wortgefechte einzulassen. Er blieb bis zuletzt ein kritischer Geist und war auf keinem Auge blind.