28. Juli 2021
Unter der Lupe

Olympische Spiele im Jüdischen Museum Wien

von Hannah Landsmann
© JMW
Die sommerlichen Olympischen Spiele werden 2021 in Japan Pandemie bedingt ohne Publikum abgehalten. Ebenfalls ohne Publikum mussten bislang die folgenden Objekte auskommen, die sich unter dem Suchbegriff „Olympiade“ im Inventar des Jüdischen Museums Wien finden, denn die hier vorgestellten kennen das Licht der Ausstellungsöffentlichkeit (noch) nicht.

Nur acht Treffer? Ist das Jüdische Museum Wien derart unsportlich? Keineswegs! 373 Ergebnisse liefert der Suchbegriff „Sport“. Weil auch die Fußball-EM noch nicht so lange her ist, darf ein Hinweis auf Fußball nicht fehlen – 74 Treffer. Der 1909 in Wien gegründete jüdische Sportverein „Hakoah“ mit einer ausgezeichneten Fußballmannschaft unter Trainer Bela Gutmann ist unter den 416 Einträgen zum Begriff „Hakoah“, was „Kraft“ bedeutet, ebenso vertreten wie „Makkabi“ mit 88 Treffern. Makkabi leitet sich ab von Juda Makkabi, der die kleine Gruppe der Makkabäer anführte, die gegen das riesige seleukidische Heer kämpfte, es besiegte und den Jerusalemer Tempel im Jahr 164 v.d.Z. wieder einnehmen konnte. Dass viele jüdische Sportvereine in Europa und Palästina bzw. Israel diesen Namen tragen, verwundert nicht. Die „Makkabiade“ bezeichnet die jüdischen olympischen Spiele, die 1932 erstmals in Tel Aviv stattfanden und seit 1952 alle vier Jahre in Israel. Die europäische Variante der Makkabiade findet ebenfalls alle vier Jahre statt, sie gastierte 2011 in Wien, 2015 in Berlin und 2019 in Budapest.

Doch zurück zu den Olympischen Spielen. Mit der Badehaube ist sie beinah nicht zu erkennen, oder? Hedy Bienenfeld war Brustschwimmerin und trat 1928 bei den Sommerspielen in Amsterdam an. 1935 fuhr Hedy Bienenfeld mit ihrem Ehemann und Trainer Zsigo Wertheimer nach Palästina, um an der Makkabiade in Tel Aviv teilzunehmen. Die beiden als verliebtes und ein bisschen verspieltes Paar auf einem Schiff geben eher einen Eindruck vom Privatleben als vom sportlichen Ehrgeiz der beiden. In diesem Konvolut sind auch Abbildungen, die den Einzug der Mannschaften ins Stadion zeigen, man beachte das ausgesucht hübsche Outfit, und eine Schwimmhalle in Jerusalem zu finden.

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Apropos Outfit: Bei Krupnik in der Wiener Kaiserstraße konnte man alles Mögliche kaufen, natürlich auch Modisches für Damen und Herren. Dass sich zum Stichwort „Olympische Spiele“ auch etwas finden lassen muss, liegt fast auf der Hand. Am Handgelenk konnte man den „Weltrekord der Präzision“ tragen. Die Omega-Uhr wurde als Zeitmesser bei den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles und 1936 in Berlin verwendet.
Die Werbegraphikerin Olly Pordes, deren Nachlass im Jüdischen Museum Wien verwahrt wird, hat für zahlreiche Firmen und Anlässe noch zahlreichere Werbegrafiken gefertigt, einige ihrer Zeichnungen waren in der Ausstellung „Kauft bei Juden!“ zu sehen.

Nicht nur Frau Pordes verwirklichte sich beruflich, Ruth Karplus unterrichtete Max Delfiners Tochter im Zeichnen. Delfiner war seit 1933 der Eigentümer der Firma Herzmansky. Ruth musste ihre Berufstätigkeit vor ihrem Vater, dem Oberbaurat Karplus, geheimhalten. Nach ihrer Emigration in die USA war Ruth Rogers-Altmann als Designerin erfolgreich und beriet als begeisterte Skiläuferin in Sachen Sportmode.
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Bei der Recherche in „ANNO“, dem virtuellen Zeitungslesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek lässt sich Olly Pordes ebenfalls finden – im Rahmen zahlreicher Berichte, unter anderen des Wiener Fechtclubs über eine Veranstaltung am 12. März 1931, durch welche sie als Conférencière führte und dabei die Bedeutung des Fechtens als Sport für junge Leute betonte. Bei einem Kostümfest des Wiener Eislaufvereins am 12. Februar 1924 spielte sie in einem „Kinderfest für große Kinder“ gemeinsam mit Lilly Weinwurm Max und Moritz.

Dass Olly Pordes im Mai 1938 Dr. Rudolf Kaufmann heiratete, ist durch eine Karte aus ihrem Nachlass überliefert, auf deren Rückseite sie diesen Text geschrieben hat:
„15. V. 1 h 15' / (morgens) /Mein lieber Mann, es ist wie Du aus dieser Karte entnehmen / kannst - soweit; es war eine sehr merkwürdige Hochzeit /, ich hoffe unsere zweite wird netter. /Der Rabbiner hat näm - / lich betont, daß die heutige bloß eine Nottrauung war und / womöglich an Ort und Stelle wiederholt werden soll. Ich / hoffe du wirst auch dafür sein. Jetzt ist gottlob der Trubel vorüber / und die Eltern sind schlafen gegangen. Meine Freundin / Anita, die Du ja schon aus Briefen kennst, bleibt heute / hier um mich zu trösten und hilft mir Deine Abwesenheit / zu ertragen. Jetzt sitzen wir hier zu dritt - Dein Schwager / Fritz, Anita und ich und haben eine Flasche Schnaps / gekühlt und klären und lassen Dich hochleben. Die / zweite Fassung der Karte [es waren aus verschiedenen Gründen / zwei nötig] läßt nun meine beiden Zechkumpanen zu Wort kommen. Auf Wiedersehen. O."

Warum ihr Ehemann gar nicht anwesend war, geht aus diesem Dokument nicht hervor. Aus den Matriken ist aber zu ersehen, dass Herr Dr. Kaufmann zu diesem Zeitpunkt bereits in Tel Aviv lebte. Der die Trauung in der Müllnergasse im neunten Wiener Gemeindebezirk vornehmende Rabbiner war Arthur Zacharias Schwarz, der Vater von Tamar Schwarz, die 1937 den aus Wien stammenden Teddy Kollek, den langjährigen Jerusalemer Bürgermeister, geheiratet hatte.

Nur bei den jüdischen olympischen Spielen zählen die „Denksportarten“ Schach und Bridge, welche man im Sitzen ausführt, zu den Disziplinen. Das Internationale Olympische Comité erkennt Schach und Bridge zwar als Sportart an, zählt sie aber nicht zu den olympischen Disziplinen.

Das Jüdische Museum Wien verwahrt in seiner Sammlung eine Medaille in Erinnerung an Wilhelm Steinitz, der als Wolf Steinitz in Prag Geborene Wilhelm war von 1886 bis 1894 der erste anerkannte Schachweltmeister. Er gilt als Kritiker der „romantischen Methode“, in der stürmisch angegriffen wird. Seine strategisch-positionellen Grundsätze gelten nach wie vor als Basis der modernen Schachtheorie.

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Steinitz, der zum Studium nach Wien gekommen, er studierte Mathematik und verdiente Geld, indem er unter anderem im Café de l’Europe am Wiener Graben in einem unglaublichen Tempo die Schachfiguren über das Feld manövrierte. Er wirkte auch in England und in den USA, dort wurde aus Wilhelm William, war Herausgeber einer Schachzeitung und starb im Jahr 1900 in New York. Die Rückseite der Medaille verweist auf die „Children Chess Olympiads“, welche seit 1927 ausgetragen werden.