Der Alltag der Kultur
von Andrea Winklbauer
© Maria Austria / Maria Austria Instituut Amsterdam
Maria Austria bei den Salzburger Festspielen 1955
Neben ihrem Tagesgeschäft als Pressefotografin und Agenturchefin reiste Maria Austria regelmäßig nach England und seltener auch in andere Länder wie Deutschland, Italien, die Schweiz oder Österreich. Für den Sommer 1955 ist durch Fotografien ein Aufenthalt von Maria Austria mit ihrem Ehemann, dem Fotografen Henk Jonker, in Salzburg belegt. War es Urlaub oder doch ein Auftrag, der die beiden zur Festspielzeit in die Stadt an der Salzach führte? Schwer zu sagen. Austria und Jonker hatten ihre Kameras wohl immer dabei. Vielleicht fuhren sie einfach nach Salzburg, um den Sommer zu genießen, und machten dabei auch Fotos, von denen sie wussten, dass sie in den Niederlanden Kunden dafür finden würden. Einmal Profi, immer Profi, auch im Urlaub.Im Unterschied zu Jonker war Austria sehr kulturaffin. In Amsterdam verbrachte sie beruflich viel Zeit in Theatern und Museen, fotografierte Ausstellungen ebenso wie Aufführungen und Kulturprominenz. Dieses Interesse wurde ihr bereits in die Wiege gelegt: Schon in ihrem Heimatort Karlsbad in Böhmen, aber auch in Wien, dem Ort ihrer Ausbildung zur Fotografin, hatte sie Kulturangebote ausgiebig genützt, als Teenager oft begleitet von ihrem älteren Bruder Felix, der der Familientradition folgend Arzt geworden war. Ihr Wissen um Kunst und Kultur und deren Protagonist:innen verhalf ihr zu manchmal sehr eindringlichen Bildern. So gestaltete sie etwa 1952 ein Porträt des Dirigenten Bruno Walter, den sie in ihren Wiener Jahren (1933–1937) bestimmt mehrmals bei der Arbeit mit den Wiener Philharmonikern erlebt hatte, als sei der Mann mit dem Stab ein Magier, dessen Gesicht und Hände aus einem dunklen Raum hervorleuchten, um sein Publikum durch Musik zu verzaubern.
Die Aufnahmen aus Salzburg von 1955 sind da weitaus beiläufiger: Ob sie die Tourist:innen in der Stadt zeigen, Sehenswürdigkeiten wie das Glockenspiel oder Promis – sie geben sich den Anschein von Alltagsbildern. Eine Serie zeigt Menschen in Abendkleidung im Inneren des Festspielhauses, unter ihnen der Maler Oskar Kokoschka und die US-amerikanische Opernsängerin Jean Madeira. Eine andere scheint den erst zwölfjährigen Dirigenten Daniel Barenboim beim zwanglosen Proben mit einem jungen Geiger zu belauschen. Aufführungen sind nicht zu sehen. Statt dessen nehmen die Fotos eine Mäuschenposition ein, aus der den Großen der Kultur, aber auch den Salzburger:innen und ihren Gästen in den besonderen und doch unaufgeregt angenehmen Festspiel-Alltag geblickt wird.

© Maria Austria / Maria Austria Instituut Amsterdam

© Maria Austria / Maria Austria Instituut Amsterdam

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