16. April 2023
Hinter den Kulissen

Fäden voller Geschichte

von Sabine Apostolo
© JMW

Das Jüdische Museum Wien bewahrt eine der größten und wertvollsten Sammlungen von Judaica weltweit. Einen beträchtlichen Bestand davon machen Textilien aus, wie zum Beispiel Tora-Mäntel oder Tora-Vorhänge. Dank einer großzügigen Finanzierung werden diese nun digitalisiert und zum Teil restauriert.
 

Synagogale Textilien vom 18. bis ins 20. Jahrhundert

Das Projekt widmet sich den synagogalen Textilien, die häufig mit den Inschriften der Spender:innen versehen sind. Diese Inschriften, die oftmals von familiären, gelegentlich sogar von historischen Ereignissen berichten, sind von großer Bedeutung für die weitere Beforschung der jüdischen Geschichte. Die ältesten Textilien im Jüdischen Museum Wien stammen aus dem 18. Jahrhundert, also aus jener Zeit, in der den Wiener Jüdinnen und Juden noch nicht erlaubt war, eine offizielle Gemeinde zu gründen. Darauf mussten sie bis zum Jahr 1856 warten. Der Großteil der Textilien stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und den ersten Jahrzenten des 20. Jahrhunderts und reflektieren somit auch die Moden der Zeit.

Neue Erkenntnisse über die Geschichte des Wiener Judentums

Doch die Objekte zeugen nicht nur von der sogenannten Blütezeit des Wiener Judentums, sondern auch von ihrer Vielfältigkeit. Da Stoff ein vergleichsweise leistbares Material war, wurden solche Stücke auch von Familien mit geringerem Einkommen gespendet. Traditionellerweise wurden Textilien von Frauen hergestellt – oft in aufwendiger und prachtvoller Handarbeit. Ab dem späten 19. Jahrhundert wurden solche auch industriell vorgefertigt, Recherchen darüber versprechen ganz besondere Erkenntnisse über österreichische Geschichte und die Beziehungsfäden zwischen jüdischer und nicht-jüdischer Bevölkerung. Das Museum ergreift somit die Chance, die Geschichte des Wiener Judentums in Hinblick auf Migration, Akkulturation und soziale Vielfältigkeit neu zu beleuchten. Durch die geplante Digitalisierung können die Textilien und die Geschichten dahinter zukünftig online geteilt und damit eine noch größere Öffentlichkeit und Forscher:innengemeinschaft erreicht werden.