Jeden Monat kochen wir auf unseren Social Media Kanälen ein Gericht nach, das mit einer Geschichte in Verbindung zum Museum und einzelnen Objekten steht. Hier gibt es die ganze Hintergrundgeschichte.


26. Oktober 2023 - Friedrich Torbergs Brille und die Krautfleckerl von Tante Jolesch: Ein kulinarisches Vermächtnis

- von Natascha Golan

Friedrich Torberg wurde am 16. September 1908 in Wien als Friedrich Kantor geboren. Im Jahr 1921 zog er mit seiner Familie nach Prag, wo er das Deutsche Staatsrealgymnasium besuchte. Bereits in Wien zeichnete er sich als Wasserballspieler bei der Hakoah aus und trug durch seine zwei Tore maßgeblich dazu bei, dass sein neuer Verein den Titel des tschechoslowakischen Wasserball-Meisters errang. In Prag begann Torberg seine schriftstellerische Laufbahn. Im Jahr 1930 veröffentlichte er seinen Erstlingsroman "Der Schüler Gerber hat absolviert", der rasch zu einem Bestseller avancierte. In den darauffolgenden Jahren verfasste er eine Vielzahl weiterer Romane, Erzählungen, Essays und Theaterstücke. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1938 sah sich Torberg gezwungen, in die Schweiz zu emigrieren. Zwei Jahre später floh er in die Vereinigten Staaten, wo er 1941 Marietta Torberg heiratete und seine Tätigkeit als Drehbuchautor in Hollywood und New York aufnahm.

Im Jahr 1951 kehrte Torberg schließlich nach Wien zurück. Dort wirkte er als Mitbegründer und bis 1965 als Herausgeber der Monatsschrift "FORVM". Torberg war ein scharfsinniger Beobachter seiner Zeit, und seine Werke zeichnen sich durch ihren geistreichen Humor und ihre humanistische Haltung aus.
Friedrich Torberg starb am 10. November 1979 in Wien. Er zählt zu den bedeutendsten österreichischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts.

Die Lesebrille von Friedrich Torberg
Die Lesebrille von Friedrich Torberg vermachte Marietta Torberg, von der er sich 1962 scheiden ließ, dem Jüdischen Museum Wien, wo sie in der Dauerausstellung zu sehen ist. Durch die Brille hindurch kann man das Buch "Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes" sehen.

Tante Jolesch ist die Protagonistin des gleichnamigen Buches von Friedrich Torberg, das 1975 erschien. In diesem Buch erzählt Torberg humorvolle und ironische Anekdoten aus dem Leben der Tante Jolesch, einer Prager Jüdin, die für ihre Kochkünste berühmt war.

Eines der berühmtesten Gerichte der Tante Jolesch sind die Krautfleckerl. Sie waren so beliebt, dass sich die Verwandtschaft aus ganz Europa ankündigte, wenn Tante Jolesch sie kochte. Das Geheimnis von Tante Joleschs Krautfleckerl war lange Zeit ein Rätsel. Doch kurz vor ihrem Tod verriet sie es ihrer Lieblingsnichte Louise:
"Weil ich nie genug gemacht hab..."

Krautfleckerl nach Tante Jolesch
Das Geheimnis lag also nicht im Rezept selbst, sondern darin, dass es nie genug davon gab. Das hat die Krautfleckerl einfach unwiderstehlich gemacht.
Darum: Nie genug machen!


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28. September 2023 - So kocht man in Wien

- von Gabriele Kohlbauer-Fritz

„Und unter diesen mehr als eineinhalbtausend Rezepten natürlich auch alles ‚Klassische, von der Gansleberbombe bis zu Skubanki, von der Rothschild-Omelette bis zum garnierten Liptauer – es ist wirklich alles da, womit eine Hausfrau sich den Weg zum Herzen des Mannes erobern kann“ heißt es in einer Rezension der Zeitschrift „Die Bühne“ über das berühmte Kochbuch „So kocht man in Wien“ von Alice Urbach. Das Buch wurde zum Bestseller und wurde auch nach 1938 weiter aufgelegt. Doch da die Autorin Jüdin war, verschwiegen die Verleger ihre Urheberschaft und entzogen ihr die Rechte.

Die Rothschild-Omelette, deren Rezept in Alice Urbachs Kochbuch angeführt wird, gehört bis heute zum Standardrepertoire der Wiener Küche. Erfunden wurde sie allerdings in Paris vom berühmten Meisterkoch Marie-Antoine Carème, der sich aus ärmsten Verhältnissen in die Herrschaftshäuser Europas emporkochte und zuletzt Baron James de Rothschild und seine Gäste mit seinen Kreationen beglückte. Ein besonderer Verehrer Carèmes war der Komponist Giochino Rossini, der ihn im Salon von James und Betty de Rothschild kennengelernt hatte und ihm aus Dankbarkeit für seine lukullischen Künste eine Arie widmete.

In den Sammlungen des Jüdischen Museums Wien finden sich einzelne Dessertteller und Tafelaufsätze des in den Rothschildfarben türkisblau und gold glasierten Porzellans mit dem gekrönten Monogramm „AR“ für Albert von Rothschild. Wahrscheinlich wurde auch auf ihnen oft die berühmte Rothschild-Omelette aufgetischt. Als im März 1938 die Nationalsozialisten in Österreich die Macht ergriffen, Louis Rothschild verhafteten und das gesamte Vermögen der Rothschilds beschlagnahmten, wurde auch das Rothschild Porzellan geraubt. Immer wieder tauchen seither Teile des Porzellans am Auktionsmarkt, im Antiquitätenhandel und auch in privaten Haushalten auf. Das Jüdische Museum hat die Serviceteile nach Rücksprache mit der Erbin der Wiener Rothschilds 1994 im Dorotheum erworben.



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© Sebastian Gansrigler
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31. August 2023 - Sigmund Freud und der Bananensplit

- von Sabine Apostolo

Die Zeichnung „Dr. Sigmund Freud in Amerika kostet seinen ersten Bananensplit“ stammt von Paul Peter Porges, auch PPP genannt. Freud machte tatsächlich 1909 eine Reise in die USA, gemeinsam mit C.G. Jung. Freund wollte seine Methode der Psychoanalyse dadurch bekanntmachen, möglicherweise hat diese Geschichte PPP zu dieser Zeichnung inspiriert.

Er selbst wurde 1927 in Wien geboren und liebte schon als Kind Zeichnen. Seine Eltern hatten eine Greißlerei im heutigen 15. Wiener Gemeindebezirk. Schon dort soll PPP immer am Boden gezeichnet haben. Er konnte mit einem Kindertransport 1939 aus Wien fliehen. Im Gegensatz zu den meisten Kindern kam er nicht nach England sondern nach Frankreich. Dort lebte er etwas weniger als ein Jahr in einer Kinderrepublik. Mit dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich mussten die Kinder erneut flüchten. Diesmal waren sie auf sich allein gestellt. PPP schaffte es in die Schweiz, wo er seine zukünftige Frau Lucie Eisenstab kennenlernte. Sie heirateten nach dem Krieg und gründeten eine gemeinsame Familie in den USA. Dort konnte PPP seine Karriere als Zeichner starten. Er zeichnete unter anderem für das MAD Magazine, für den New Yorker oder auch für den Playboy. Dem Jüdischen Museum Wien schenkte er einen großen Teil seines Nachlasses, darunter auch diese Zeichnung.


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*Beim dargestellten Bild handelt es sich um eine Reproduktion.