26. Mai 2025
Hinter den Kulissen

Schatzsuche im Archiv

von Daniela Schmid
© JWM
Die Arbeit im Archiv ähnelt einer detektivischen Tätigkeit, dem Berufswunsch meiner Kindertage. Es geht ums Beforschen, Bewahren, Entdecken – und dabei immer wieder auch um das Staunen und Lernen.
 
Das Archiv des Jüdischen Museums der Stadt Wien ist etwas ganz besonders, ja, ich möchte es gar als Schatzkästchen bezeichnen. Was wüssten wir über die Silberbestände an jüdischen Ritualobjekten ohne die Archivalien, die deren zum Teil dramatische Geschichte belegen?


Das Jüdische Museum Wien ist die Nachfolgeinstitution des Ersten Jüdischen Museums der Welt, das 1893 als eine Gesellschaft von von engagierten Männern ins Leben gerufen wurde. Das Inventarbuch dieses Ersten Jüdischen Museums bringt mich immer wieder in Verzückung, ob der detaillierten Einträge zu Objekten, deren Beschreibung – und deren SchenkerInnen. So finden sich darin bis zur Inventarnummer 49 und 50 gar keine Ritualobjekte, sondern Bücher, Münzen – und die von mir persönlich als Kunsthistorikerin so geliebten Kupferstiche. Viel gibt es da  zu entdecken, die Symbolik und Bedeutungen für die Intentionen eines ersten Jüdischen Museums zu analysieren.

Rechts: Inventarbuch Erstes Jüdisches Museum (1. Band), Jüdisches Museum Wien, Inv. Nr. 4522

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© JWM
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Auch einzelne Familiennachlässe dürfen wir betreuen und es sind die Gespräche und unzähligen Korrespondenzen, die wir im Archiv täglich führen. Bewegende, intime, sehr persönliche Geschichten und Schicksale, die die Menschen mit uns teilen. Wo immer möglich, versuchen wir zu helfen. Über unsere BesucherInnen und BenutzerInnen dürfen wir häufig auch dazulernen, so mancher von ihnen weiß weit mehr als ich über einzelne Bestände, Fotos, Dokumente etc.

© David Peters
Jüdisches Vereinsleben spielt eine wichtige Rolle sowie Korrespondenzen, Schautafeln, wunderschöne Scherenschnitte aus Osteuropa und jüdische Heiratsverträge etwa aus Italien. Das und vieles mehr gibt es bei uns zu entdecken und zu beforschen. Es erfordert Geduld, Fingerspitzengefühl und Neugierde – aber es zahlt sich immer aus!

Links: Scherenschnitt-Amulett für die Geburt, Jüdisches Museum Wien, Inv. Nr. 1037

Wir versuchen sensibel zu dokumentieren und Bestände auch online zugänglich zu machen. So ist das Scannen ein wichtiger Teil unserer Arbeit geworden, auch in der Mitarbeit am gemeinsamen Projekt zur Sammlung Online: Jüdisches Museum Wien Sammlung.

Unser Archiv ist vielfältig, es gibt für jeden etwas zu entdecken. Manchmal ist es wie eine Schnitzeljagd. Schön ist auch, wenn wir mit unseren KollegInnen im Haus, die zahlreiche Expertisen unter sich verteilen, zusammenarbeiten können. So können wichtige Projekte entstehen, wie Spinnweben kann eine Forschungsfrage zu einem internen Gesamtkunstwerk werden.

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© JWM
Die Detektivarbeit hört nie auf – und das ist wichtig und erfreut uns jeden Tag hier!