Alles vergessen
28.01.2026 – 06.09.2026

Alles vergessen

Museum Judenplatz
Im Hebräischen reimen sich die Wörter lischkoach – Vergessen – und koach, das sowohl Macht als auch Stärke bedeutet, als offenbare sich darin die doppelte Natur des Vergessens. So erzählt die Ausstellung Alles vergessen aus kulturhistorischer Perspektive von der Macht, aber auch die Ohnmacht des Vergessens und fragt, ob es lediglich Verlust bedeutet oder auch Befreiung sein kann.

Die Macht des Vergessens in der jüdischen Geschichte
 
Die Macht des Vergessens wird unterschiedlich angewendet und lässt die Vergessenen ohnmächtig zurück. Innerjüdisch stellt der große Bann (Cherem), der ein Gemeindemitglied nicht nur aus der Gemeinschaft ausschließt, sondern auch jegliche Erinnerung an dieses auslöschen soll, die größte rabbinische Bestrafung dar. Aber auch gegen äußere Feinde wird der Fluch des Vergessens ausgesprochen: jimach schemo, „Sein Name sei ausgelöscht“ – mit diesem Fluch werden einzelne Feinde des jüdischen Volkes belegt. 

Die österreichische Vergessenskultur nach 1945
 
Ziel der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik war, die jüdische Bevölkerung nicht nur zu ermorden, sondern auch die Beweise für den Massenmord zu tilgen. Als die Konzentrations- und Vernichtungslager befreit wurden, blieben nur mehr jene Zeugnisse übrig, die die Nationalsozialist:innen nicht mehr hatten vernichten können. Und nach 1945 wollten viele Österreicher:innen vergessen, was geschehen war und woran sie sich beteiligt hatten. Diese „Vergessenskultur“ wurde erst mit der Waldheim-Affäre 1986 aufgebrochen.

Warum wir heute über Vergessen sprechen müssen
 
In Zeiten, in denen historische Verantwortung und Erinnerung zunehmend infrage gestellt werden, ist es wichtig, über die Mechanismen des Vergessens zu sprechen und zu fragen, was verdrängt und überschrieben, was übersehen und was bewusst ausgelöscht wird. Die Ausstellung lädt dazu ein, Vergessen nicht nur als Gegensatz zum Erinnern zu begreifen, sondern als Teil einer komplexen Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart. 

Eine Ausstellung des Jüdischen Museums Wien in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Hohenems
 
Kurator:innen: Daniela Pscheiden (JMW), Dinah Ehrenfreund-Michler (JMH)
Gestaltung und Grafik: Stefan Fuhrer