Aktuelles | 28. Juni 2023

In memoriam Lothar Heinrich, Statiker und Philosoph

von Gabriele Kohlbauer-Fritz
© privat

Lothar Heinrich, ein großzügiger Gönner des Jüdischen Museums, ist von uns gegangen. Er ist vorige Woche unerwartet und viel zu früh gestorben.

Lothar Heinrich ist dem Museum mit seiner Expertise in manch brenzligen Situationen zur Seite gestanden und hat beinahe Unmögliches möglich gemacht. Die wenigsten Besucher:innen wissen über die Museumsarbeit im Hintergrund Bescheid. Hinter jeder Ausstellung steckt eine ausgeklügelte Logistik und manche Objekte sind sehr schwierig zu handhaben. Eine besondere  Herausforderung stellen überdimensionale und besonders schwere Objekte dar. Man muss erwägen, ob sie mit der Statik des Hauses kompatibel sind. Als wir im Zuge der Recherchen für die Ausstellung Die Wiener Rothschilds. Ein Krimi  in einem privaten Wiener Garten die beiden Sphingen entdeckten, die ursprünglich den Hinterausgang des Palais Rothschilds in der Prinz Eugen Straße bewachten, meinten zunächst alle Beteiligten, dass es unmöglich sei, eine der über tausend Kilo schweren Sphingen im ersten Stock des Palais Eskeles/des Museums in der Dorotheergasse auszustellen. Da fiel mir Professor Lothar Heinrich ein, dem ich immer wieder in Konzerten und anderen kulturellen Veranstaltungen begegnet bin und der unter Fachleuten als Koryphäe der Statik gilt. Er war gleich bereit, zu helfen, erstellte uns ein statisches Gutachten und entwarf ein Podest, auf das wir ein der beiden Sphingen stellen konnten, um das Gewicht gleichmäßig zu verteilen. Und er verrechnete uns nicht einmal ein Honorar, sondern brachte seine kreative Arbeit als Sponsoring für das Jüdische Museum ein.

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© David Bohmann
Auch in der Ausstellung Schuld, die noch bis Ende Oktober 2023 in unserem Museum am Judenplatz zu sehen ist, war es nur Dank der Expertise von Lothar Heinrich möglich, dass wir die von der Künstlerin Teresa Feodorowna Ries geschaffene Marmorskulptur Eva zeigen können. Entgegen aller Unkenrufe, dass die Skulptur viel zu schwer sei, fand er eine Lösung für die Präsentation des Kunstwerks. Und auch diesmal verzichtete er angesichts unseres knappen Ausstellungsbudgets auf sein Honorar. Die versprochene private Führung durch die Ausstellung haben wir leider nicht mehr geschafft. Ich stehe in seiner Schuld und ich bin dankbar, dass ich ihn gekannt habe.

Lothar Heinrich wird mir und vielen anderen als außergewöhnlicher, großherziger und geistvoller Mensch in Erinnerung bleiben.